Re: Freier Wille - eine Illusion?

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Geschrieben von Martin Pohl am 04. Mai 2001 12:26:54:

Als Antwort auf: Freier Wille - eine Illusion? geschrieben von Horak am 04. Mai 2001 10:35:50:

Bonjour Horak

>Bürger Martin,

Citoyen ;-)

>>Ich komme aus bürgerlichem Hause :-). . .
>tja, mit bürgerlicher Herkunft kann ich leider nicht dienen ;-) Gehöre von Geburt an dem Stande der Plebeyer an...

Ah, wurde der Circus Maximus wiedereröffnet :-)))

< mein Geschreibsel >SNIP< /mein Geschreibsel >

>Einige Schulen der modernen Psychologie halten indes den freien Willen für einen Irrtum.

Und widersprechen sich im gleichen Moment! Wie kann ich den freien Willen
für einen Irrtum halten, aber zur gleichen Zeit postulieren, der Mensch hätte keinen
freien Willen. In seinem Paradoxon erinnert mich dieser Satz an den Kreter Epimenides,
der behauptete, alle Kreter würden lügen. Abgesehen davon, daß ich der gesamten
Psychokasperei eh keinen allzu großen Stellenwert einräume.

>Eine Spielerei der Psyche, um uns sowas vorzugaukeln. Eine Entscheidung wird erst bewusst, nachdem sie schon
>gefällt ist. Womit wir auch wieder zu den schaurig schönen Beschreibungen der Nahtod-Erfahrungen kommen. Ist
auch dieses nichts denn ein archaisches Programm, das sich beim Vorgang des Sterbens einstellt?

Eine wenig tröstliche Aussicht fürwahr - aber wir werden über kurz oder lang sehen ;-).

>>Daher bin ich heute eher skeptisch, was den freien Willen angeht. Vor allem auch, da wir heute mehr den je der
>medialen Manipulationsmaschinerie ausgesetzt sind. Diese aber spricht primär das Unbewusste an, da sich gerade in
>diesen Kreisen durchgesprochen hat, dass die Entscheidungen auf dieser Basis gefällt werden. Wir kaufen das Produkt
>im Glauben, es aus freien Stücken zu tun.

Kommt darauf an, ob man das Eigenbewußtsein so weit entwickelt hat, um diesen Versuchungen
zu widerstehen. Mir erscheint es immer wie eine Verleugnung des eigenen Ichs. Ein Beispiel,
das ich dabei immer wieder vor Augen (und Ohren) habe, ist die Rede Goebbels' im
Berliner Sportpalast Anno '44: "Wollt ihr den totalen Krieg!". Das "Volk" schrie ein
ekstatisches Jaaaa!!! Ein bezeichnenderes Beispiel für die Verleugnung eigenen Willens
läßt sich schwerlich finden.

>Gedanken sind elektrische Entladungen, welche sich innerhalb des Neurons fortpflanzen und von Synapse zu Synapse
springen. Also ist der Vorgang des Denkens in zweierlei Weise quantenmechanisch, einerseits bei der Übertragung der
Elektronen, andererseits bei der Umsetzung in ein chemisches Signal (Chemie ist ja nichts anderes als Quantenphysik).
Damit kommt auch wieder die heisenbergsche Unbestimmtheit in unser Denken. Dass dabei doch was vernünftiges
herauskommt liegt wohl an der grossen Masse von synchron laufenden Übertragungen, womit auch die
Gedankensphäre ein statistisches Thema ist.

Diese physikalisch-mechanische Auffassung des Denkens als Vorgang kann ich nicht teilen.
Wir bewegen uns dabei auch wieder in einem Grenzbereich der Erkenntnisfähigkeit des
Säugetiers Mensch. Die Forderung des spartanischen Staatsmanns Chilon, einer der antiken
Sieben Weisen: "gnóthi seautón" - "Erkenne dich selbst" kann man nicht durch den Hinweis
auf Neuronen und Synapsen abtun. Ein drastisches Beispiel: Wäre ich Mitglied eines
Erschießungskommandos, hätte ich exakt zwei Möglichkeiten: den Befehl der Tötung
auszuführen oder ihn strikt zu verweigern. Besonders zwei Dinge spielen dabei dann
eine besondere Rolle: die milieubezogene Stellung und wie ich mich als individuelle
Entität in meiner Umwelt sehe. Ist beides nur schwach ausgeprägt, werde ich den Befehl
ohne weiter darüber nachzudenken ausführen; das andere ergibt sich schon aus vorigem Satz.

>Sowohl Entscheidung als auch Intuition dürften sich auf dieser Ebene abspielen, erst hernach wird es in eine bewusste
Information umgesetzt. Durch die Geschwindigkeit der Denkvorgänge sind wir uns dessen aber nicht "bewusst"...
>Weiterer Fragepunkt ist das menschliche Erinnerungsvermögen. In unserem Hirn setzt sich nicht ein photorealistischer
Film fest, sondern irgendwas, dass sich jenachdem ziemlich verändern kann. Oftmals haben wir auch das mühsame
Problem, dass wir auf diese Erinnerungen gar nicht mehr zurückgreifen können. Das Bewusstsein dürfte die Kunst sein,
aus etwas völlig irrationalem einen rationalen Kontext zu erstellen. Wir glauben plötzlich an unsere falschen
Erinnerungen....
>cu Horak

Jetzt muß ich aber los :-)))

Muß schließlich noch was arbeiten heute - ich melde mich vielleicht später noch mal.
Ansonsten schönes Wochenende an alle ;-)

Gruß - Martin





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