Re: Zeitreisende!

NEUES FORUM DER ASTROARCHÄOLOGIEFREUNDE

Geschrieben von Martin Pohl am 04. Mai 2001 03:08:43:

Als Antwort auf: Re: Zeitreisende! geschrieben von Horak am 02. Mai 2001 23:05:43:

>Edler Martin,


Ich komme aus bürgerlichem Hause :-). . .


. . . und muß Dich noch etwas vertrösten, da ich mich wieder halbwegs in die
Materie hineinlesen muß. Zumindest scheinen wir in einem Bereich konform
zu sein: Daß willentliche Erkenntnis nicht ohne kausalem Denken möglich
ist. Alles außerhalb des Willens wäre Intuition; Intuition halte ich indes mit für
eine der bedeutendsten menschlichen Eigenschaften, die jedoch der wissenschaftlichen
Forderung nach greifbaren Hinweisen zuwiderläuft. Da befinden wir uns
in einem Dilemma. Was das Kursiv gestellte "mit" anlangt, denke ich, daß es noch
mehr gibt, als die zu kurz gefaßten Streitereien hier.

Gruß - Martin


>Sicherlich, ich bestreite nicht, dass die Kausalitätsproblematik vorhanden ist. Allerdings erlauben auch Hawking's
Konstrukte gewisse Ausflüge in andere Zeitebenen, z.B. mit (hypothetischen) Wurmlöchern. Wobei er sich des Tricks
der imaginären Zeit bedient, da verlässt mich dann aber endgültig das Vorstellungsvermögen. Sicherlich, die
Relativitätstheorie ist kausal, die Quantenphysik jedoch nicht, und das war sicherlich der wichtigste Grund, weshalb
Einstein sie nie akzeptieren konnte. Paradoxerweise aber war es gerade dieser Einstein, der zusammen mit Rosen und
Podolsky eines jener Paradoxien postulierte, das inzwischen physikalische Realität geworden ist. Eine Verbindung in
kausalem Sinne kann es zwischen zwei entgegengesetzt fliegenden Photonen nicht geben, aber denoch "weiss" das
eine vom anderen. Ohne zeitliche Verzögerung. Auch verschmiert sich die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung
im Bereich unterhalb des Plankschen Wirkungsquantums zur Unkenntlichkeit. Kausale Effekte erscheinen freilich in
der Statistik, jedoch ist das Privatleben des Quants davon ziemlich unberührt.
>Nun besteht aber gerade in der Frage des Urknalls die Problematik, dass hier die Relativitätstheorie und die
Quantentheorie nicht mehr vereinbar sind. Daher sicherlich das Bestreben, in Form der Quantengravitation einen
Ausweg zu suchen.
>Verwirrend ist auch die zeitliche Umkehr der Antiteilchen infolge der cpt-Invarianz. Also ist deren Erzeugung im
Sinne des Antiteilchens die Vernichtung. Demnach stehen wir hier vor der paradoxen Situation, dass ein in die
Vergangenheit brausendes Antiteilchen und ein aus der Vergangenheit kommendes Teilchen sich zu einem zeitlosen
Photon vereinen (naja, da es sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, geht ihm jegliches Zeitempfinden ab, fuer den
aussenstehenden Beobachter hingegen nicht). Wenn das Photon zerfällt, dann kommt ihm dabei ein Antiteilchen aus
der Zukunft entgegengeflogen, damit das Teilchen ebenso in die Zukunft reisen kann. Ziemlich wirre Sache, zumindest
im philosophischen Sinne. Auf jeden Fall stelle ich mir in diesem Sinne die Existenz einer Antiwelt vor. Ob nun die
Photonen von der Zukunft in die Vergangenheit oder umgekehrt fliegen, ist ihnen aufgrund ihrer Zeitlosigkeit sowiso
egal;-)
>Auf jeden Fall unterstehen makroskopische Systeme vordergründig der Kausalität, es sei den, ein Quanteneffekt wie
das Tunneling nimmt makroskopische Dimensionen an. Kausalität ist an und für sich eher ein Grenzfall, jedoch
bestehen in der Quantenwelt im Gegenzug dafür die Erhaltungssätze, auch wenn diese kurzzeitig verletzt werden
können (und nach dem Urknall geschah ja offenbar so eine Symmetrieverletzung der heiligen Baryonenzahl).
>>Meines Wissens sind das bislang nur Modelle, deren Nachweis noch aussteht. Oder hat sich da Neues getan?
>Natürlich sind es noch Modelle, doch zur Zeit stellen sie in Verbindung mit der Supersymmetrie den besten Weg
bereit, die GUT mit der Gravitation zu vereinen. Jedoch kommt ja nun die Quintessenz ins Spiel, deren Natur noch
weniger erforscht ist.
>>?????
>Nun, offenbar unterscheidet sich die Gravitation in ihrem Wesen von anderen Kräften dadurch, dass sie nicht auf
unser vierdimensionales Kontinuum eingegrenzt ist, was offenbar auch der Grund dafür ist, dass sie sich so schwer mit
den anderen zusammenfassen lässt. Allerdings ist das ja wieder ein Konstrukt der Stringtheorie.
>>Und genau das war mir nicht bekannt :-(.
>Das Problem der kosmologischen Konstante war ihre mühselige Statik. Sie ist, wie es schon der Name sagt, konstant.
Damit weichen aber ihre Voraussage von den beobachteten Gegebenheiten ab. Die Quintessenz ist eine zeitlich
veränderliche Kraft, wodurch die Ausdehnungsrate mit der Zeit auch ändert, was wiederum mit den Messwerten
konform ist.
>Im alchimistischen Bereich ist Quintessenz allerdings die Vereinigung unvereinbarer Prinzipien (man denke z.B. an
GUT und Gravitation). Daher hab ich den Begriff vielleicht auch etwas missbräuchlich verwendet, Urkraft wäre schon
treffender. Auf jeden Fall, wenn wir das Inflationsmodell annehmen, muss es ja eine reihe von solchen Urknallartigen
Ereignissen gegeben haben, in denen sich die Urkraft entfaltete (und ziemlich schnell auch aufsplittete). Ohne die aus
dieser Urkraft entsprungenen GUT hätte sich wohl auch nicht genug Antimaterie in Materie umgesetzt, um unser
Universum zu bilden.
>Auf jeden Fall wird die Frage, was vor dem Urknall geschah, auch von ernsthaften Kosmologen wieder heftig
diskutiert.
>cu Horak







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